Von Ulla Thombansen am 10. August 2018 in Handlung

FICO Bologna

Wir fangen an mit FICO EATALY WORLD, dem weltgrößten „Food-Handels- und Ausstellungszentrum“ in Bologna, das sich die aufklärende Präsentation von gesunden und nachhaltig erzeugten italienischen Qualitäts-Lebensmitteln auf die Fahne geschrieben hat und das wir als langjährige Eataly-Fans unbedingt sehen wollten. Lebensmittelfülle mit Bildungsauftrag.

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Ja, groß ist dieser Food-Markt wirklich, 9.000 Quadratmeter plus Außenbereiche, alles zu Ehren italienischer Genussmittel – von ihrer Erzeugung bis zum Verzehr. Da macht es Sinn, die Erkundungs- und Einkaufstour per bereitgestellten Fährrädern zu machen, wenn man alles sehen will.

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Fleisch, Brot, Pasta, Obst, Wein... – das alles und noch viel mehr gibt es hier, oft mit einsehbaren Verarbeitungsstätten, die mit Restaurants und Snacks davor kombiniert sind, architektonisch wirklich anspruchsvoll und individuell gestaltet. Allerdings wirkten sie trotz der verwendeten Naturmaterialien und der Formenvielfalt auf uns eher clean und cool. Das gilt auch für die Handelsflächen – Food ist überall verpackt oder hinter Glas, Verkostungen haben wir außer bei Wein und Balsamico nicht erlebt, was vielleicht an der eher frühen Tageszeit lag.

Insgesamt kamen an unserem Besuchstag keine Emotionen auf, auch nicht durch die einzelnen Verknüpfungen mit Pflanzen oder einer Kuh oder einem Pferd im Außenbereich. So wie Farm to Fork hier präsentiert ist, sind Lebensmittel in unserer Zeit in den nachgefragten Mengen kaum zu produzieren, auch nicht die hier präsentierten aus der Industrie. Das fanden wir eher romantisierend, einschließlich der angebotenen Ausflüge zu den Erzeugern (z.B. zur Rinderzucht auf der Alm).

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Sinnlich erlebbares Essen und Trinken gibt es angerichtet in den Restaurants & Co., die Qualität hier war wirklich gut. Die Küchen sind aber versteckt – also auch hier kein Geruch, kein Dampf, keine Bratgeräusche, keine Zuseh-Optik, keine Köche, keine sichtbare Handwerklichkeit (das kennen wir aus anderen Eataly’s anders). Die Servicekräfte erlebten wir - wie überhaupt alle Mitarbeiter, mit denen wir Kontakt hatten - als sehr tüchtig sowie produktbezogen und verkäuferisch sehr gut trainiert.

Wir haben uns hier von 11:00 bis 13:30 Uhr an einem Werktag aufgehalten (Öffnung ab 10:00 Uhr), da war einfach nichts los (bei unserer Anreise standen acht Autos auf dem Parkplatz. Als wir FICO wieder verließen, waren es 21 und vier besetzte Tische ausschließlich im italienischen Restaurant).

Vielleicht rührt auch daher der zurückhaltende Einsatz frischer Lebensmittel? Doch dann fragt sich: „Was ist Henne, was ist Ei? Wie locke ich Gäste und Kunden, wenn die nichts erleben?“

Es gibt einige Service-Frischetheken, doch die können mit der Anmutung in einem gut geführten Rewe- oder Edeka-Markt bei uns kaum mithalten, erst Recht nicht mit der Präsentation in italienischen oder französischen Märkten. Dahinter steht auch kein Mensch, der promotet. Das gilt – etwas eingeschränkt – auch für die eher übersichtliche Obst- und Gemüse-Servicestation.

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Wie anders geht es da in Bologna Centro zu, wo dem Kunden die pralle Mortadella entgegen springt, flankiert von zig Schinken und Salame, wo Theken mit üppig drapierten Würste überquellen und Verkäufer mit vielfältigen Käsesorten um Aufmerksamkeit buhlen.

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Entsprechend dem selbst gestellten Auftrag We must explain wird viel informiert, aber meist schriftlich über Tafeln, teilweise auch tagesaktuell per Hand beschriftet. Doch wir haben schon in der Vermarktung regionaler Produkte im Handel gelernt: Schrift und Bild reichen nicht, auch wenn sie noch so professionell sind. Wenn es beim Kunden ankommen und er sich aktiv damit beschäftigen soll, braucht es den persönlich-sympathischen Dialog!

Lebendiger scheint es in besser frequentierten Zeiten zu sein, siehe dieses Video: https://www.youtube.com/watch?v=5aoU1Aosj_s

Also falsche Besuchszeit? Falsche Erwartungen unsererseits? – Dann müsste ja wenigstens der SB-Mitnahme-Handel überzeugen: Ja, die Präsentationen sind großzügig und übersichtlich. Die Angebotsbreite liegt im gehobenen Qualitätsbereich und ist sicher beeindruckend, die Fülle verwirrte uns sogar eher. Sofern uns Produkte bekannt waren, lagen ihre Preise auch deutlich, sprich zehn bis 15 Prozent über denen, die wir aus italienischen Supermärkten oder aus unserer Lieblings-Enoteca kannten.

So haben wir in den Einkaufswagen auch eher Einzelprodukte/ Souvenirs gesehen – wie bei uns den alten Balsamico und eine FICO-Leinentasche. - Noch eine Beobachtung:

  • Hinter dem Ausgang fanden wir eine lange Wand mit fast unzähligen Briefkästen, die die Namen der Konzessionäre verraten (inkl. zahlreiche Marken-Namen aus der Lebensmittelindustrie). Liegt hier das Geheimnis, dass wir innen so wenig das Gefühl hatten, das sei alles aus einem Guss?

Fazit: Eataly München in der Schrannenhalle wirkt lebendiger, wenn der Handel auch dort kein Selbstläufer zu sein scheint. Und die Ähnlichkeit vom FICO-Konzept mit dem Weltausstellungskonzept in Milano 2016 ist frappierend.

Venezia mit Genuss

Da heißt es doch übereinstimmend, man könne im Hochsommer nicht nach Venedig fahren. Wir haben es Anfang Juli bereits zum dritten Mal gemacht und waren wieder begeistert.

Drei Tage im preiswerten, gut ausgestatteten Ferienappartement in Castello mit Blick auf Arsenale, die Via Garibaldi mit ihren kleinen Geschäften, Lokalen und der einheimisch-touristischen Passanten-Mischung nur Minuten entfernt, dahinter gleich die schattigen Giardini mit ihren Ausstellungen.

Und die Touristenströme? Ja, die gab es natürlich. Doch von der Piazza San Marco, von Fenice oder Rialto haben wir uns ferngehalten (außer vielleicht morgens früh oder abends spät). Vor unserem Lieblings-Bistró 5000 in Castello sitzend haben wir die Gondeln vorbeigleiten gesehen, manchmal sogar mit schönen Gesängen untermalt. Gegessen haben wir auch gut – mal vielfältige Cichetti (kleine belegte Schnittchen) in einer Osteria am Wege, mal ein gepflegtes Abendesssen in einem der vielen neuen Lokale mit den jungen Köchen. Von wegen: Hier gibt es nur überteuertes Touristen-Futter!

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 Dann die erfrischenden Bootsfahrten mit den wunderschönen Ausblicken – wir haben es wieder genossen!

Toscana – mal anders

Diesmal waren wir hauptsächlich im Westen – mittig zwischen Florenz und Lucca mit Ferienwohnung hoch oben in Uzzano Castello, wieder super untergekommen.

Landschaftlich ist es anders als im Chianti, doch auch sehr reizvoll mit den zehn Castelli im Tal hinter der kleinen Stadt Pescia – eine wunderschöne, eher raue Wald- und Wandergegend, auch berührt von der Etappe 39 des alten Via Francigena-Trails nach Rom, der mir – weil weniger steil – beim Wandern noch besser als das Bergige gefallen hat.

Verpflegt haben wir uns hervorragend in den Ristorante in den Bergen oder am Strand in Forte dei Marmi samt Meergenuss oder mit den Top-Zutaten vom Markt selbst bekocht.

Einmal ging es in die östliche Toskana, wo wir früher häufig waren: Samt Besuch der Antica Macelleria Cecchini in Panzano bei Greve. Hier beerdigte Dario Cecchini  zu Zeiten des Rinderwahns gemäß EU-Vorgabe das Fiorentina (T-Bone-) Steak, eine Spezialität des Hauses.

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Inzwischen hat er Systemgastronomie über der Metzgerei und in den benachbarten Häusern aufgebaut – gehoben in der Officina della Bistecca auf Vorbestellung oder im Dario Doc auf der Terrasse mit schlichterem Angebot, nach kurzer Wartezeit mit Häppchen und Wein in der Macelleria – siehe unten.

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Hier herrscht „pure emotion“ (bei zurück haltender Produkt-Information)! An den langen Tischen sitzen zusammengewürfelte Gästegruppen aller Herren Länder zwischen vielen Einheimischen, es ist voll und laut, die Qualität ist gut (im Übrigen auch vegetarisch und vegan), der Service ist freundlich-schnell-direkt. Die Metzgerei dient inzwischen eher dem Merchandising mit dem Verkauf von Mitnahme-Fleischportionen, frisch portionierter Salami, dem unglaublich leckeren Rinderschmalz oder – auf Vorbestellung – Steakfleisch, alles inzwischen unter der Regie der Tochter Cecchini.

Soweit unser göttliches Leben in Italien!
Das hat Lust auf mehr gemacht!

Über die Autorin

Ulla Thombansen
Senior Consultant

Ulla Thombansen ist Diplom-Volkswirtin Freiburger Schule und als ursprüngliche Gründerin von MUT spezialisiert auf:
- Organisationsentwicklung in aktuellem Rahmen
- Nachhaltige Festigung von Entwicklungen
- Hintergrund-Rechecherche rund um Servicemanagement und Führung im schnellen Wandel
- Systementwicklung in der Profigastronomie
- Qualitäts- und Hygienemanagement samt Dokumentationen

Im Blog MUTgestalten liefert sie vor allem Beiträge in der Kategorie Haltung.

Über sich selbst sagt sie:

Ich bin motiviert, wenn...
Programme für Kunden und Anwender passen und heterogene Gruppen zu gemeinsamen Zielen kommen. Und wenn ich komplexe Projekte erfolgreich mit den beteiligten Menschen steuern kann.

ut@mutmanagement.de