Von Ulla Thombansen am 14. Oktober 2020 in Handlung , Handwerk , Haltung

Nachhaltig? 

„Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip zur Ressourcen-Nutzung, bei dem eine dauerhafte durch die Bewahrung der Beteiligten (vor allem von Lebewesen) gewährleistet werden soll. Im entsprechenden englischen Wort sustainable ist dieses Prinzip wörtlich erkennbar: to sustain im Sinne von aushalten bzw. ertragen. Mit anderen Worten: Die beteiligten Systeme können ein bestimmtes Maß an Ressourcennutzung dauerhaft aushalten, ohne Schaden zu nehmen.“
-> Wikipedia

Unter unserem Motto MUTgestalten beleuchten wir - wie immer umsetzungsorientiert - eine nachhaltige Organisationsentwicklung, also die Antwort auf die Frage:

Wie entwickeln wir unser Business dauerhaft nachhaltig?

Das kann im Großen ganzheitlich fürs Unternehmen oder erst einmal kleinteilig für eine abgegrenzte Aufgabe geschehen, die Ihr von Eurem Backlog *) pflückt. In beiden Fällen wird das komplex, da sich alle möglichen Ausprägungen dynamisch gegenseitig aufeinander auswirken. Ansätze gibt es fast unendlich, wie die Schlagwortsammlung zeigt.

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Schritt 1: Wir starten 

Das Bild spiegelt ja schon viele Visionen und Handlungsmaximen rund um das Wollen. Ohne Haltung geht auch hier nichts, deshalb fragen wir als erstes: Was wollen wir zukünftig? Tristan Horx vom Zukunftsinstitut hat das – freundlicherweise unter dem Titel „Nur MUT“ – in ein Leitbild mit vier Säulen zusammen gefasst, die sinngemäß lauten:

  • Enough – oder: Einfach mal genug - statt immer mehr, mehr, mehr!
  • Connected – oder: Verbunden in neuen Netzwerken - statt immer ich-bezogener!
  • Whole – oder: Das große Ganze sehen und Chancen hinein in den eigenen Alltag!
  • Open – oder: Offen geradeaus – statt ängstlich im Opfermodus – in eine freundlich-neue Zukunft!

Als Nächstes ein Blick auf die Systematik um das Wissen präsent zu haben:

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Dieser Balance-Anspruch aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem ist bereits seit der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 salonfähig und weltweit in unterschiedlichste Prüfsiegel eingeflossen. Durchgesetzt hat sich dabei die Erkenntnis - auch für Non-Profit-Organisationen: Für eine nachhaltige Existenz ist neben Umweltschutz ein wirtschaftlich solides Handeln notwendig, wenn auch nicht hinreichend! Es braucht zudem die soziale Komponente mit intensiver Mitwirkung der Beteiligten (dann sind sie keine passiv ausgelieferten Betroffenen mehr!).

So, Wollen und Wissen sind geklärt und damit rein ins Regiebuch für schrittweises Wirken.  

Übrigens – schon gemerkt? Das Verfahren geht auch mit anderen Themen. Lediglich in Schritt 1: Wir starten kommt es auf das inhaltlich verstandene Thema und die Motivation zu seiner Lösung an. Das braucht maßgeschneidertes akzeptiertes Wollen und Wissen als Plattform, dann geht es systematisch weiter, methodisch analog z.B. in Sachen Digitalisierung, Hierarchieabbau oder schlanke Prozessoptimierung.

Aufgabe und Team wählen!
Was wollt Ihr angehen? Und mit wem?

Wir laden wieder lösungsorientiert zur Re-Gnose ein – mit acht inhaltlichen Anregungen für eigene Zukunftsbilder:

Im Frühjahr 2022 …

  • …kommen 25 Prozent unserer Mitarbeiter*innen mit dem Firmen-E-Bike zur Arbeit.
  • …haben wir in unserem Materialverbrauch die Marke „Zero-Waste“ erreicht (für Food, Beverage + Non-Food).
  • …haben wir über Digitalisierung das fast papierlose Büro geschafft.
  • …haben wir gemeinsam „Unser neues Arbeiten“ umgesetzt (vor Ort an Kollaborations- und Konzentrations-Arbeitsplätzen, home, mobil).
  • … lässt unser Recruiting Quereinsteiger zu, die wir bisher aus formalen Gründen abgelehnt haben,
  • … verfolgen wir ein klares Ziel für den Frauenanteil im mittleren und oberen Management,
  • … läuft unser Programm für wechselnde Elternzeit und begleitete Rückkehr erfolgreich,
  • … stehen wir in unserer Stadt auf der Liste der besten Arbeitgeber.

Wenn Eure Aufgabe steht, braucht Ihr Euer Team. Wer soll mitmachen, weil er oder sie…

  • …die Expertise hat,
  • …als durchsetzungsstarker Champion im Unternehmen gilt,
  • …agile Methoden drauf hat,
  • …motivationsstark ist und gerne neue Lösungen sucht,
  •  …diszipliniert durch Reviews *) führt,
  • …gut visualisiert/ kreativ neue Medien einsetzt,
  • …mit seiner introvertierten Persönlichkeit all die Extrovertierten ergänzt,
  • …einfach Interesse mitbringt,…?

Habt Ihr die Richtigen beisammen? – Dann stellen die sich jetzt ihr Zukunftsbild vor und malen es anschaulich aus: in voller Farbe, mit den handelnden Personen und deren glücklichen Gesichtern, mit Ton und Musik und der eigenen Zufriedenheit…, bis diese Vision auch emotional die richtige Zugkraft in einem starken Lösungsfokus aktiviert!

Schritt 1-4.jpeg Gemeinsam erforscht Ihr jetzt im Team, um was es wirklich geht – für den Weg verweisen wir auf Lösungsfokussiertes Coaching im Wandel. Zunächst geht es ums Verstehen, und damit um gerade mal soviel Theorie, wie Ihr für Eure Initial-Zündung braucht! Das kann Euch zu folgender Vision führen, z.B.:

Unsere neue Arbeit – überlebensfähig gestaltet. 
Ziele für 04/ 2022:
Vertrauensarbeitszeit ist eingeführt.
25 Prozent der Mitarbeiter arbeiten im Schnitt von zu Hause aus oder mobil:
Das macht zufriedener und spart Raummiete, Energiekosten und Emissionen. 
Technisch klappt das prima, vor Ort gibt es neu gestaltete Räume und Arbeitsplätze,
praktisch und Wohlfühlstimmung ausstrahlend. 
Und es gibt einen akzeptierten Freizeit-Ausgleich für diejenigen,
die kundenpräsent oder permanent produktiv vor Ort sein müssen. 

Also, sozial, ökologisch und ökonomisch streben wir Balance an!
Verstanden? – Soweit zu Schritt 1.

Schritt 2: Wir priorisieren!

Tolle Ziele, was? Nur: Wie kommt Ihr dahin? – So wie bisher: Lösungsorientiert und „iterativ“ über ausgewählte Sprints.

Das startet in einem Workshop zur Initial-Zündung - möglichst praktisch, kreativ und anschaulich designt. Ausgangspunkt ist eine transparente und spürbare Dringlichkeit des Vorhabens, wenn nötig auch nach dem Motto: Was passiert mit uns, wenn wir das nicht angehen?

Unser Team hat gelernt: „Wir bilden immer ab, was und wie wir es gerade tun!“ So arbeitet es mit Templates (= Masken für die einzelnen Teammitglieder mit allen wichtigen Bausteinen als Denk- und Arbeitsleitfaden). Hier tragen die Beteiligten ihre Arbeitsergebnisse ein und ergänzen sie um anschauliche Medien wie Bild- und Tonmaterial, Videos, Modelle etc. (-> Design-Thinking).

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Präsentationen aus der Initial-Zündung kommen an Wände und werden von einer eingeladenen Jury (inkl. Kunden) begutachtet – mit Erläuterungen durch die Aktiven. Die Jury setzt die Vorschläge in eine Rangliste, die den Aktiven anschließend bei der Priorisierung hilft.

Erfolgreich - auch weil es Spaß macht - ist das Verfahren, das ich in Innovationsprozessen mit der Phasix GmbH kennengelernt habe: Alle Jury-Mitglieder bekommen einen Packen Spielgeld-Scheine, die sie als Sponsoren auf die Vorschläge aufteilen konnten. „The Winner is…“ der Betrag mit dem höchsten Sponsor-Ertrag!

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Diese Aufgaben landen im Backlog *)? Von der erkannten Notwendigkeit und dem Zukunftsbild aus geht es dann Sprint für Sprint über das Kanban-Board *) weiter in – 

  • Nachhaltigkeits-Camps *), 
  • beteiligungs-intensive Aktivitäten, die den agilen Boden bereiten und verwirklichen, 
  • priorisierte Maßnahmen samt Coaching, die das nachhaltige Fitness-Programm mithilfe von Themen-Botschaftern umsetzen und neue Kompetenzen ausbauen – zunächst in Kick-off-Teams und dann breit gefächert. 

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Ergebnisse halten Teams oft in einem Wandplakat fest (neudeutsch: Canvas, ein großflächiges Template für alle gemeinsam an der Wand einsehbar), das vor allem neu hinzukommende Mitglieder orientiert. Das ist nützlich - aber nur, wenn es im Laufe vom Erkenntnis- und Lösungsprozess immer wieder angepasst wird! Sonst schaut niemand mehr darauf bzw. es wirkt überholt und dann lächerlich.

Schritt 3: Wir stärken!

Ja, wir stärken auch die methodische Kompetenz. Vor allem beteiligungsintensiv, so dass sich immer weniger Mitarbeiter*innen in den Abteilungen gegen neue Wege abschotten. Mitmachen, iterativ arbeiten und vieles selbst entscheiden, das geht Vielen in Fleisch und Blut über. Diese Zusammenarbeit samt Feedback in Reviews stärkt im besten Fall Vertrauen, Motivation, kreative Ideenfindung, Fehlertoleranz sowie Überzeugungskraft gegenüber Entscheidern.

Eure Kultur wächst!

Erste Umsetzungen machen Erfolge sichtbar. Gemeinsam getragene Veränderungen geben Kraft, neue Follower schließen sich an. Es geht weiter – je nach Review-Ergebnis vorwärts gerollt zum nächsten Sprint oder auch mal rückwärts, wenn ein Ergebnis verworfen wird, weil es nicht zu Zielsetzung oder Fortschritt passt.

Schritt 4: Wir wachsen!

Inzwischen ist Eure Organisation greifbar reifer geworden: Viele Prozesse passen - samt optimiertem Ressourcen-Input und überzeugendem Ergebnis-Output. Einige Ziele und angestrebte Kennzahlen sind erreicht. 

Doch bitte nicht stehen bleiben! Jedes Review initiiert einen neuen Sprint, wenn auch vielleicht mit neuen Themen und Aufgaben und der permanenten Chance: „Fahren auf Sicht!“

Zunehmend ins Visier kommt jetzt die Kommunikation untereinander wie auch mit noch nicht erreichten Stakeholdern:

  • Wer aus der Belegschaft hat sich noch nicht in Kick-off-Teams beteiligt? Wie erreicht Ihr diese Kolleg*innen? 
  • Welche Themen habt Ihr bisher im Sinne einer ganzheitlichen Nachhaltigkeit übersehen? Was davon bietet sich verstärkend an?
  • Welche Lieferanten und Dienstleister wollt Ihr in der Beschaffungskette integrieren?
  • Wie kann sich das Betriebsrestaurant oder das Facility Management oder der Fuhrpark oder die operative Abteilung XY eingliedern?
  • Wie wollt Ihr Eure Kultur- oder Sportangebote für Menschen aus der Nachbarschaft öffnen?
  • Wie könnt Ihr Euch als Arbeitgeber-Marke profilieren?

Hierbei heißt nachhaltig auch: Immer wieder in die Tiefe fragen.

  • Wen betrifft das? Wer ist Stakeholder? 
  • Wer noch? Wer noch? 
  • Welche Interessen bringen sie mit?
  • Welche Auswirkungen hat Euer Tun darauf? Welche noch (ökonomisch, ökologisch, sozial)?
  • Welchen Nutzen könnt Ihr ihnen bieten?
  • Welche Emissionen treten dabei auf? Wie könnt Ihr sie reduzieren?
  • Wie können Ihr sie aktiv beteiligen?
  • Wie könnt Ihr diese Ergebnisse in eine neue Initial-Zündung führen?

Fazit

In diesen 4 Schritten schafft Ihr agil-dynamisch einen blühenden, tiefgründigen und dauerhaften Entwicklungsprozess mit überzeugenden Erfolgen – im besten Nachhaltigkeits-Sinn rund um Ökologie, Ökonomie und Sozialem, robust und schnell an Überraschungen angepasst!

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Also: Packt es an!

*) Siehe die aktuelle Vorlage von MUTmanagement: Agile Methoden und Instrumente in der Anlage vom Newsletter

Weitere Quellen:

Als Lesebuch zur ganzheitlich nachhaltigen Unternehmensumstellung des Outdoor-Ausrüsters Vaude:
Antje von Dewitz: MUT steht uns gut. Nachhaltig, menschlich, fair – mit Haltung zu Erfolg.
Salzburg, München 2020

Als verständlich-einfache Vertiefungshilfe rund um wirksames Veränderungsmanagement:
Olaf Hinz: Change Maker. Wirksame Veränderungen unter maximaler Unsicherheit.
München 2020

MUTgestalten-Blog Lösungsorientiert: Wir werden ein tolles Team - ein Praxisbericht

Schaubilder:
Hintergrund Nachhaltigkeitsschwung: yeimy-olivier-x39hUQuRrmc-unsplash

Fazit: chris-arock-iPcm529dL4k-unsplash.
Alle anderen: MUTmanagement GmbH

Über die Autorin

Ulla Thombansen
Senior Consultant

Ulla Thombansen ist Diplom-Volkswirtin Freiburger Schule und als ursprüngliche Gründerin von MUT spezialisiert auf:
- Organisationsentwicklung in aktuellem Rahmen
- Nachhaltige Festigung von Entwicklungen
- Hintergrund-Rechecherche rund um Servicemanagement und Führung im schnellen Wandel
- Systementwicklung in der Profigastronomie
- Qualitäts- und Hygienemanagement samt Dokumentationen

Im Blog MUTgestalten liefert sie vor allem Beiträge in der Kategorie Haltung.

Über sich selbst sagt sie:

Ich bin motiviert, wenn...
Programme für Kunden und Anwender passen und heterogene Gruppen zu gemeinsamen Zielen kommen. Und wenn ich komplexe Projekte erfolgreich mit den beteiligten Menschen steuern kann.

ut@mutmanagement.de