Von Julia Thombansen am 12. August 2020 in Handwerk

Digital - ja aber!

Wir sehen, wie digitale Werkzeuge unsere Welt besser machen können, wenn der Mensch die Tools beherrscht und gekonnt nutzt – statt umgekehrt das Werkzeug den Menschen. Da kommen die beiden Seiten unserer Service-Medaille wieder zum Vorschein. Sachlich soll Digitalisierung bequem, ökonomisch sinnvoll, leicht und intuitiv bedienbar sein und Zeit einsparen. Auf der emotionalen Seite brauchen wir gleichzeitig selbst die Fähigkeit, über die Kanäle menschlich zu wirken, Menschen persönlich anzusprechen, sie zu berühren und damit Nähe, Beziehung, Vertrauen und Loyalität aufzubauen. 

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Es geht also darum, persönliche Wirkung über den richtigen Kanal zu entfalten, zu senden und zu orientieren und dabei den Kontakt sachlich und emotional zu gestalten. Auf der einen Seite wählen wir die MEDIEN:

  • Worüber erreiche ich meinen Gesprächspartner am besten – über Teams, Zoom & Co., über die Präsenz auf Social Media-Kanälen oder Business-Netzwerken (und das per Wort, Bild und Ton), über einen Messenger-Dienst wie WhatsApp oder Slack, per Mail oder ganz „Old School“ über einen Anruf?

Und auf der anderen Seite geht es um das WIE:

  • Wie sprechen wir miteinander? 
  • Wie füllen wir die Medien?

Kommunikationsprofis können alle digitalen Tools so nutzen, dass sie Menschen zusammenführen, um gemeinsam Lösungen zu finden. 

Wie erreiche ich wen?

Die Hospitality-Branche lebt wie andere Dienstleister geradezu von top Kommunikation – zu Gästen, innerhalb der Teams wie auch zu Industrie und weiteren Partnern im Umfeld. Wie erreichen wir wen am besten, am schnellsten, am direktesten? Ganz klar: Über den Kanal, auf dem der Gesprächspartner gerne und häufig kommuniziert. Das ist vielleicht nicht das Mittel, das mir am meisten liegt, wohl aber meinem Gegenüber. Digital Natives sind beispielsweise mit digitalen Tools aufgewachsen und jonglieren über verschiedene Kanäle. Ihr auch? 

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  • Wie sorgt Ihr z.B. für Präsenz in den Köpfen Eurer Gäste, wenn die durch die Pandemie nicht oder nur in geringerer Zahl kommen dürfen? 
  • Wie haltet Ihr kontinuierlich Kontakt zu Euren Mitarbeiter*innen, wenn sie in Kurzarbeit sind, und 
  • wie bleibt Ihr im Gespräch mit Euren Ansprechpartner*innen beim Lieferanten, damit ihr bei Bedarf passgenau Liefermengen abrufen könnt? 

Wir haben verschiedene Wege erlebt: Videobotschaften von Geschäftsführern an Gäste oder auch an alle Mitarbeiter*innen – häufig emotionaler und persönlicher als wir es jemals von ihnen vor dem Lockdown gehört oder gesehen haben, erst gar nicht erwartet. Oder es gab...

  • interaktive Video-Konferenzen mit Teams im ‚kuscheligen‘ Home Office,
  • permanente Absprachen in quirligen Slack-Gruppen,
  • WhatsApp-Kommunikation mit Mitarbeiter-Teams wie auch
  • die telefonische Kontaktpflege zu Lieferanten und Kunden.

Allen Methoden gemeinsam ist der „Draht“ von Mensch zu Mensch. Neben Information und „sich in Erinnerung bringen“ ging es immer auch darum, Kontakt zu halten und eine gute Beziehung zu pflegen. Dazu fallen uns auch unsere virtuellen Gin-Tonic-Parties oder ein gemeinsames Bierchen in der TeleKneipe ein. 

Welche Gedanken gehen Eurem Gast, Euren Mitarbeiter*innen, Ansprechpartner*innen oder Geschäftspartner*innen durch den Kopf, welche Gefühle durch ihren Bauch, wenn diese Menschen an Euch denken? Könnt Ihr das klar beantworten? Oder fragt Ihr Euch das auch und überlegt, wie Ihr das positiv beeinflussen können? Das führt uns zu der Frage: 

Wie sprechen wir miteinander?

Hier geht es um Deine persönliche Wirkung, um eine klare Orientierung im Gespräch und um eine bewusst gestaltete Beziehung mit ausreichend investierter Zeit - das geht nicht hoppla-hopp. Diese Beziehung entscheidet letztlich im Einzel-Kontakt darüber, wie Deine Zukunft mit Deinem Gesprächspartner aussieht und ob wirklich Nähe, Vertrauen und Wertschätzung entstehen konnten. Hier bekommen wir manchmal die Abwehr-Antwort, das sei „Nice zu Have“ und ist nach unserer Erfahrung doch das „Must Have“, wenn Kommunikation gelingen soll. Denn so eine Beziehung stimmt einfach nicht,...

  • wenn die Geschäftsführung Corona-Schutzmaßnamen einführt und Mitarbeiter*innen sie „heimlich“ verwässern, 
  • wenn Gäste sich durch Corona-Vorgaben gemaßregelt statt geschützt fühlen, 
  • wenn Mitarbeiter*innen sich verloren fühlen, aus der Kurzarbeit heraus eine neue Stelle annehmen und für unsere gemeinsame Zukunft verloren sind,
  • wenn Lieferanten plötzliche Veränderungen in Lieferumfang oder -qualität verständnislos als Zumutung empfinden. 

Das wirkt sich sachlich aufs Business aus und macht die ohnehin schon schwierige Lage noch komplizierter. 

Um gemeinsam Lösungen zu finden und dafür alle gemeinsamen Ressourcen anzuzapfen und zu nutzen, schauen wir auf die persönliche Wirkung in der Kommunikation: 

Habe ich ein Bild von der aktuellen Haltung meiner Gesprächspartner*in?
Gehe ich darauf ein?
Kommuniziere und orientiere ich also bewusst?
Treffe ich überhaupt die Stimmung der Empfänger*in, so dass sie empfangen kann?

Hier helfen wieder die drei Schritte „Wissen. Wollen. Wirken“ aus dem letzten Blog "Leben mit Corona".  

Doch beim Wollen und Wirken gibt es immer wieder sperrige Stolpersteine, wenn negative Gedanken rund um Ärger, Sorgen, Neid und gar Ängste im Weg liegen und nicht empathisch erkannt und ausgeräumt werden. Sie stoppen bei Vielen gerade in Pandemie-Zeiten die eigene Wirksamkeit als Sender oder Empfänger und stehen einer positiven Gelassenheit und damit der eigenen Entwicklung entgegen.

Resilienz ist gefragt!

"Resilienz (von lateinisch resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘) oder psychische Widerstandsfähigkeit ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen." https://de.wikipedia.org/wiki/Resilienz_(Psychologie)

Manche Menschen haben von Hause aus mehr davon mitbekommen, manche weniger. Die gute Nachricht ist: Resilienz kann man trainieren, wieder lösungsorientiert in kleinen Babyschritten.*)

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  • Zuerst die Selbstreflexion: Welches Gefühl beherrscht mich gerade und wie macht sich das körperlich bemerkbar? In ärgerlicher oder ängstlicher Mimik? In schnellem Herzschlag?... - Da hilft nur das klare Kommando an sich selbst: 
Stop it
Tritt einen Schritt zurück!
Lass keine sich selbst verstärkende Negativ-Spirale zu!
Reagiere achtsam und flexibel!
Oder aus der Sender-Sicht: Unterstütze als Mentor den Ausstieg aus dem Stress und mache Stärken bewusst!
  • Nimm das Thema "Beziehungen" auf, indem die Mitspieler Verknüpfungen mit Freunden, Familie, Kollegen, Experten... aktivieren. Das schafft Unterstützung, Feedback, Nähe, Respekt und Wertschätzung und macht aufgeschlossen, sich mit kommunizierten Botschaften auseinanderzusetzen - umso intensiver, je passiger wir als Sender die Kommunikationskanäle und -formate wählen. 
Respekt ist die Grundlage.
Respekt bedeutet andere nicht zu schädigen:
nicht finanziell, physisch und psychisch.
Ihm durch Worte oder Taten, nicht unnötige Belastungen aufzubürden.
Prof. Dr. Andreas Suchanek. The Pioneer. Der 8. Tag, 07.08.2020
  • Das geht nicht endlos: Es braucht Zuwendung für Körper und Geist, um sich immer wieder zu erholen und zu erneuern. Pausen von ständigem On-Air-Sein oder intensiver Projektarbeit sind unabdingbare Kraftspender für Resilienz. Sport, Schlaf und gute Ernährung flankieren. Hier gilt die 90/30-Regel: 90 Minuten konzentriert arbeiten und 30 Minuten entspannen.

  • So kann ich wirken! Neugierig und MUTig! Im Selbst-Bewusstsein meiner eigenen Stärke, mit eingebundenen Unterstützern (inkl. Chefs und Freundschaften) über durchlässige und sympathische Kanäle und der eigenen Selbstdisziplin, um mich nicht auszupowern. 

So wird Kommunikation MUTig im Sinne von couragiert (also nicht übermütig), wie wir es in einem unserer ersten Blogs dargestellt haben. Das schafft analog wie digital sinnvolle Aktion über Botschaften, die ankommen.

Auf diesem Weg sprichst Du Hirn, Herz und Euer gemeinsames Handwerk an. „Ihr macht Dialog“:

  • Ihr denkt Euch in die Schuhe der Anderen,
  • hört gut zu, 
  • nickt in Video-Calls, 
  • lasst Eure sichtbare Mimik und Gestik eindrucksvoll mitspielen,
  • bestätigt akustisch die Antworten, 
  • fasst Zwischenergebnisse zusammen und 
  • schließt die Kommunikation ab mit den Worten: „Das haben wir jetzt erreicht...“.

So sorgt Ihr für klare Ergebnisse, gute Beziehung und persönliche Stärke. Und das Alles wollt Ihr doch, oder?

Noch ein kleiner Tipp: Macht in Video-Calls die Selbstansicht aus, damit Ihr Euch nicht dauernd in der Kamera kritisch beäugt. Im echten Leben seht Ihr Euch ja auch nicht, oder? Und somit könnt Ihr Euch Euren Gesprächspartner*innen besser zuwenden. 

Dann legt mal los!

*) Bei IBM ist Resilienz-Kompetenz im Führungsmodell verankert, um Führungskräfte in der agilen VUCA-Welt für herausfordernde und unsichere Situationen fit zu machen. Dr. Karin Vey ist Executive Innovation ThinkLab in der IBM Research Zurich und hat das Modell im GDI-Webinar The Way Forward: Preparing for an Uncertain Future through Digitization and Leadership vorgestellt. (https://www.gdi.ch/sites/default/files/documents/2020-06/swiss-re-institute-the-way-forward-karin-vey.pdf)

Bilder:
"Service-Medaille" und "Resilienz ankurbeln": MUTmanagement GmbH
Mädchen mit Seifenblasen: alejandro-alvarez-150148-unsplash

Über die Autorin

Julia Thombansen
Geschäftsführende Gesellschafterin

Julia Thombansen ist Beraterin von der Ausbildung her M.A. Germanistik/ Unternehmenskommunikation und Trainerin & Coach bei MUTmanagement. Spezialisiert ist sie auf:
* Persönlichkeitsentwicklung, auch als MBTI-Coach
* Meinungsumfragen & Zufriedenheitsstudien
* Begeisterndes und aktivierendes Training zu Haltung und Wirkung
* Impulsgeber als Speaker
* Großgruppenmoderation

Sie sagt über sich selbst:

Ich bin motiviert, wenn...
Serviceteams miteinander passende Lösungen schaffen und damit Gäste und Kunden begeistern!
Das strahlt dann von innen nach außen!

jt@mutmanagement.de