Von Ulla Thombansen am 27. August 2020 in Handlung , Handwerk

Wir retten unser Team!

Viele gastronomische Geschäftsmodelle funktionieren (noch) nicht wieder, zum Beispiel in der Stadiongastronomie, in vielen Mensen und Cafeterien oder überall dort, wo für eingeschränkte Gästekapazitäten auch weniger Mitarbeiter*innen in Küche und Service gebraucht werden.

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Wer es nicht in den Dienstplan schafft, bleibt zuhause: Angestellte in (Teil-)Kurzarbeit, viele Aushilfen ohne das gewohnte finanzielle Zubrot. Da gilt es finanzielle Ausfälle zu verkraften – genauso wie fehlenden sozialen Austausch und Teamzusammenhalt.

Gastronomen, Tourismus-Experten, Hoteliers… und ihre Führungskräfte sorgen sich, dass ihre mühsam aufgebauten Teams auseinanderbrechen und vor allem die Besten von dannen ziehen. „Viele haben bereits einen Zusatz-Job, der das entstandene Loch in der Haushaltskasse füllen soll“, so eine Stimme, die ergänzt: „Ich kann froh sein, wenn ich im Januar noch die Hälfte in meinem Aushilfen-Pool habe.“ Eine Andere sorgt sich, dass sie aus ihren Teams viel Ängstliches im Blick auf Haushaltsgeld, Gesundheit und Zukunft hört: "Da schotten sich Einzelne völlig ab.“

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Rezepte dagegen gibt es wohl kaum, aber analytisches Nachdenken und erste Ideen.

An Bord holen!

Wen könnt Ihr zumindest in Teilzeit hier am Arbeitsplatz einbinden? Bietet sich dafür ein rollierendes System an, so dass Ihr Jede*n mal hereinholt und Ihr in kleinen Gruppen Corona-gerecht zusammenarbeitet? Und dabei Erfolgserlebnisse schafft, die im Gedächtnis bleiben? 

  • Den Gastraum nach der Renovierung neu einrichten.
  • In der Küche einen besseren Ablauf mit neuen Geräten üben.
  • Eine neue Karte entwerfen, Gerichte Probe kochen, sie gemeinsam probieren, sie weiter optimieren und mit guten Argumenten anpreisen üben. 
  • Den Gästeparcours mit neuen Erlebnispunkten virtuell aufpolieren. 
  • Ein Wiederkommens-Event für den Winter planen…

Wichtig ist jetzt, dass Ihr aktive Bindungsarbeit betreibt: 

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  • Sich austauschen über die Zuhause-Zeiten, 
  • zuhören und verstehen – auch zwischen den Zeilen, 
  • an Hobbies und Freizeitbeschäftigungen teilhaben, 
  • hier on the Job Spaß haben, 
  • Freude an der Zusammenarbeit bewusst machen, 
  • Zuversicht für die Zukunft ausstrahlen und 
  • bei Bedarf mögliche Unterstützung bieten. 

Das löst mentale Blockaden und Sorgen, die vielleicht existieren, und liefert Euch Informationen zur Stimmung der Beteiligten. Dann wisst Ihr besser, wo sie auf Entfernung stehen: 

  • Sind sie noch voll loyal mit Euch als Arbeitgeber und mit ihrem Team verbunden?  
  • Oder haben die alternativen Beschäftigungen daheim, in anderen Jobs oder im freiwilligen Ehrenamt einen höheren Wert gewonnen? 
  • Ja? - Wie könnt Ihr dann Vorteile bei Euch noch besser ins rechte Licht rücken und Loyalität stärken?
  • Vielleicht mit einem Großflächentreffen – das alle Mitarbeiter*innen mit den Chefs und Chefinnen im großen Restaurant auf Abstand zusammenbringt („Endlich sehen wir uns wieder!“) - mit einem spannenden Programm, das den Weg in die neue Normalität aufzeigt?

Virtuelle Fernbeziehung pflegen

Wie bindet Ihr denn Diejenigen, die Ihr mangels Präsenz-Aufgaben nicht an Bord holen könnt? Wisst Ihr überhaupt, wie Ihr sie erreichen könnt?

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Studentische Aushilfen und viele andere sind meist über Mail, WhatsApp, Instagram, Slack… ansprechbar (wer nicht selbst über das geeignete Gerät verfügt, gibt vielleicht einen Kontakt in der Familie an). Solche Kreise könnt Ihr über Stories oder Status-Meldungen informiert halten, was sich derzeit tut und in Zukunft tun wird.

Sinnvollerweise stellt Ihr auch digital Fragen zu Aktivitäten und Stimmungen, um einen echten Dialog auf Augenhöhe in Gang zu setzen. Das schafft sozialen Klebstoff! Wichtig ist dabei eine regelmäßige Taktung in diesem Frage-und-Antwort-Spiel, gerne auch mit dem Wochenend-Gruß am Freitag mittag, der Runde mit den selbst kreierten Cocktails oder Konfitüren, dem virtuellen Kaffee-Kranz, den Tipps zur Hochbeet-Bepflanzung…, flankiert durch Videoansprachen der Chefs, Posts im Intranet oder Personal-Programm.

Mit direkten Medien

Wenn die virtuelle Runde nicht klappt, weil die Smartphones bei manchen Handarbeitern fehlen, ja, dann greifst Du am besten zum guten alten Telefon und rufst täglich einen bestimmten Anteil Deiner Mitarbeiter*innen an: sauber geplant, damit niemand durchs Netz fällt. Für jede Anrufrunde überlegst Du, was Du wissen willst, versetzt Dich in Dein Gegenüber und überlegst Dir, wie Du das erfragen willst, zum Beispiel:

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  • In welcher Situation triffst Du die Angerufenen wahrscheinlich an?
  • Welche familiären/ finanziellen oder anderen Sorgen sind hier bekannt oder zu vermuten?
  • Wie vernetzt ist die Person mit anderen aus dem Team?
  • Über welche Fakten/ Perspektiven willst Du transparent informieren?
  • Wie steht die Person zu Veränderungen, die beruflich zu erwarten sind?
  • Welche Neuigkeiten können sie interessieren?
  • Wie lernbereit ist sie?
  • Welche privaten Erfahrungen können andere im Team auch interessieren?
  • Wie intensiv wünscht sie sich, dass alles wieder normal wird?

Da hilft es Dir, wenn Du Dir ein Skript für die Gespräche vorbereitest und das immer weiterentwickelst. 

Ergänzend punktet auch die klassische Schriftform: Der Text in der SMS, der analoge Begleitbrief zur Entgeltabrechnung, als periodische Postkartensendungen mit sympathischen Motiven, vielleicht sogar als Kettenbrief zu den anderen im Team…

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Verlässliche Taktung zählt

Egal, welche Kanäle Ihr wählt und kombiniert: Hilfreich sind wiederkehrende Routinen wie der Gruß zum Wochenbeginn, regelmäßige Rückblicke auf Projektstände oder die oben genannten Spaß-Rituale mit eher privatem Charakter. Auf solch getaktete Events können sich Teams verlassen, sie strukturieren auch den heimischen Alltag und produzieren Gemeinschaft mit den beruflichen Kontakten!

Das sind sicher eher kleine Schritte, doch sie wirken. Mit ihnen macht Ihr Eure wertschätzende Führung und Kommunikation im Umkreis erfahrbar. Das orientiert, schafft Zusammenhalt und Bindung und steht in erfreulichem Gegensatz zu dem Frust-Erlebnis: 

„Meine Chefs haben sich die ganze Corona-Zeit nicht einmal gemeldet!“ 
Ohne Flachs: Auch das haben wir gehört!

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Also: Meldet Euch bei Euren Mitmacher*innen fürs Weiter-Mitmachen –
in passenden Medien,
in passenden Inhalten und Formaten,
MUTig neugierig machend,
sachlich-empathisch und in passenden Routinen!

Quellen Bilder:
Handarbeit: christiann-koepke-C2yH3zXzaP0-unsplash.jpg
Teamherz:  tim-marshall-cAtzHUz7Z8g-unsplash.jpg
Stick with me: cory-bouthillette-72shmPbDMN8-unsplash.jpg
Empfängerin am Smartphone: erik-brolin-8WnxVCXboKg-unsplash.jpg
Alte Telefone: hansjorg-keller-iKxDcv5Kx9Y-unsplash.jpg
Postkarten: kasturi-roy-NO1MXvxy02o-unsplash.jpg
Cool: collin-armstrong-SR0_MNa77MU-unsplash.jpg

Über die Autorin

Ulla Thombansen
Senior Consultant

Ulla Thombansen ist Diplom-Volkswirtin Freiburger Schule und als ursprüngliche Gründerin von MUT spezialisiert auf:
- Organisationsentwicklung in aktuellem Rahmen
- Nachhaltige Festigung von Entwicklungen
- Hintergrund-Rechecherche rund um Servicemanagement und Führung im schnellen Wandel
- Systementwicklung in der Profigastronomie
- Qualitäts- und Hygienemanagement samt Dokumentationen

Im Blog MUTgestalten liefert sie vor allem Beiträge in der Kategorie Haltung.

Über sich selbst sagt sie:

Ich bin motiviert, wenn...
Programme für Kunden und Anwender passen und heterogene Gruppen zu gemeinsamen Zielen kommen. Und wenn ich komplexe Projekte erfolgreich mit den beteiligten Menschen steuern kann.

ut@mutmanagement.de