Von Ulla Thombansen am 12. Mai 2020 in Handwerk

Service erlebbar machen!

Freundlichkeit, Orientierung und Emotionen trotz Distanz und Mund-Nasenschutz erlebbar zu machen, das ist unsere neue Herausforderung als Gastgeber. Denn für Gäste und Kunden fällt ja die Hälfte unserer Mimik in ihrer Wahrnehmung weg - zu allem Überfluss genau die untere Gesichtshälfte, in der sie Freundlichkeit um den Mund herum am schnellsten erkennen.

soziales Lächeln 3 lynne-baltzer-sLxe9F-gyYo-unsplash.jpgsoziales Lächeln 3 Maske lynne-baltzer-sLxe9F-gyYo-unsplash.jpg

Wenn wir einen Kunden empfangen, wissen wir selbst vielleicht, dass wir ihn anlächeln, doch dieses normale "soziale Lächeln" ist in Maskenzeiten kaum bis gar nicht erkennbar!

Neue Gastlichkeit

Das braucht ein neues Rollenverständnis im Service-Business, egal um welche Dienstleistung es geht. Mit neuem Wissen und Können, das gelernt sein will. Und mit profunder Kenntnis der wichtigsten Stationen in der Customer Journey, in denen wir mit dem Kunden interagieren und damit nachhaltige Erlebnisse für ihn schaffen.

Bei den folgenden handwerklichen Tipps haben wir uns auf zwei besonders "wert-volle" Berührungspunkte konzentriert: auf die Empfangssituation, also den ersten Eindruck, und auf die vertiefende Beratungssituation, in der Service-Aktive ihre Kompetenz verankern. Natürlich gilt dieses Handwerk auch in allen weiteren persönlichen Kontakten!

Emotional intelligent - echt freundlich!

Gut, die Forderung ist nicht sonderlich neu, aber jetzt in der Haltung von Servicemitarbeiter*innen und ihrer Führung unabdingbar. Denn nur die innere Freude am Job und an jedem einzelnen Kundenkontakt "springt ins Auge" und ist oberhalb der Maske sichtbar! Fakes wirken nicht. Freundliche Wirkung lässt sich nicht anknipsen oder aufsetzen ("aufgesetzte" Freude wirkt ja auch nicht echt). Authentische Mimik kommt direkt aus unserem Spontanhirn (dem uralten limbischen System), das wir nicht bewusst steuern können.

  • Stell Dir vor, Du hast in Eurem Geschäft den Empfangsposten inne. Du freust Dich riesig, dass Du endlich wieder arbeiten kannst. Du sehnst geradezu jeden Kunden über die Schwelle Eures Hauses, damit er es wieder füllt und dabei bei Euch konsumiert. Du weißt, dass auch er sich freut, und malst Dir aus, was er alles erwartet - das willst und kannst Du erfüllen.
    Du strahlst- auch mit Maske.
  • Das kannst Du auch mimisch zeigen, weil Du erfreut, begeistert, fröhlich, heiter, glücklich, vergnügt, zufrieden... bist, weil Du diese Emotionen also wirklich erlebst. Wie? - Indem Deine Augen automatisch mitlachen! Das nimmt das Gegenüber an Deinen Lachfältchen (oder weniger nett: an den "Krähenfüßen") rund um Deine äußeren Augen wahr - oberhalb der Maske! 
    Also: Dein Hirn sendet nur echte Freude in Deine Mimik, denn dann spielt auch der Augenringmuskel mit und macht Freundlichkeit auch in der oberen Gesichtshälfte sichtbar (nicht nur an den unter der Maske verborgenen, schräg hochgezogenen Mundwinkeln). *)

Strahlen 2 mit Maske.jpg

Jetzt ist der erste Schritt zur Kundenbindung emotional getan - wahrscheinlich siehst Du in seiner Mimik, dass auch hier die Augen strahlen! Denn Freude steckt an: Das limbische System versteht und signalisiert: hier ist man mir freundlich gesonnen, hier kann ich auch freundlich sein.

Interesse sichtbar machen!

Nun laufen Du und Deine Kollegen nicht pausenlos wie Honigkuchenpferde durch den Laden. Konzentriert erledigt Ihr viele Sachaufgaben, vieles geschieht in neutraler Stimmung. Es gibt auch viele andere Gesichtsausdrücke.

Nehmen wir als weiteren Touchpoint die Kundenberatung im Auswahl- und Kaufprozess in unseren Blick:

  • Du stehst (oder sitzt) Deinem Kunden gegenüber und baust eine Beziehung auf, mit stabilem Blickkontakt.
  • Im Einstieg zeigst Du sinnvollerweise wieder Deine Freude, dass er hier Umsatz machen will bzw. Eure sorgsam vorbereitete Leistung kaufen und genießen will (es gibt so viele Gründe, die Euch als Mitarbeiter*innen intern Freude spenden können und die Ihr Euch Mimik-wirksam vergegenwärtigen könnt - sammelt sie vorausschauend, damit Ihr sie abrufen könnt, wenn Ihr sie braucht).
  • Dann kommt Euer Interesse auch mimisch zum Vorschein - mit klarem Blick und leicht hoch- und zusammengezogenen Augenbrauen!
  • So kannst Du aufmerksam zuhören, beraten, Reaktionen des Kunden wahrnehmen, auch Kritisches sehen, darauf eingehen und es zur Lösung führen. Doch das ist dann ein Thema für sich. 
  • Mimische Ausdrücke sind viele zu entschlüsseln, für den Kunden oder für Dich, wenn auch er eine Maske trägt. Bei den kritischen heißt das in der Kommunikation: STOP! Erst ansprechen, klären und wieder zur "emotionalen Ja-Straße" führen, erst dann vorwärts zur Lösung. Einige Beispiele:

Aufmerksam mit Maske.jpgInteressiert zuhören

Nachdenken mit Maske.jpgNachdenken

Unverständnis mit Maske.jpgUnverständnis, Unglaube

Befremden mit Maske.jpgÄrger, Angst, Trauer? (das Rätsel löst erst der Blick auf den Mund)

Skepsis mit Maske.jpgSkeptische Ablehnung

Mit dem ganzen Körper sprechen

Mimik ist nicht alles. Unser gesamter Körper spielt mit, und das umso stärker, je weniger der Kunde die Mimik im unteren maskierten Gesichtsbereich deuten kann. Dahin schaut er nämlich normalerweise besonders intensiv.

Der Körpersprache glaubt unser Gegenüber, egal was wir inhaltlich von uns geben. Denn der Sinn unserer Worte wirkt im persönlichen Miteinander weniger als zehn Prozent! Den Rest machen Bild und Ton aus. Also: ein paar Tipps zur Visualisierung.

  • Kopf und Brust: Zeige sie! Steh oder sitz aufrecht, wirke gelassen-geerdet in Deiner Haltung. Wende Dich Deinem Kunden zu, mit Muskelspannung, aber nicht verspannt oder gar mit eingezogen-verkrampftem Hals! Nase und Nabel sind zum Kunden hin gerichtet. Der Kopf und eine Schulter können leicht seitlich und ein wenig nach vorn geneigt sein. 
  • Lass den Körper mitspielen: Unterstreiche Gesagtes mit der Richtung vom Oberkörper, mit schlichten Gesten und mit Armen und Händen, die Luftbilder malen - wie ein Dirigent. Zeige auf Objekte oder auf Kollegen, wenn Du über sie sprichst: Synchronisiere Dein Körperbild mit Deinen Wort-Bedeutungen.

Stimme und Ton

Maske, Abstand und Trennwände verschlucken einiges vom Gesagten. Deshalb gilt in Sachen Audio besonders:

  • Klare, verständliche Sätze mit Pausen, konzentriert auf das Wesentliche.
  • Bewusst deutlich intoniert, mit angenehmer Stimme, die durch die Maske hindurch sendet (durchaus mit einem Lächeln in der Stimme, wenn es inhaltlich passt). Ziel: Der Ton soll überzeugend sowie Vertrauen weckend beim Gast bzw. Kunden ankommen.
  • Etwas lauter (ohne dass es aggressiv oder schrill wird), etwas langsamer und betonter, als es im inneren Ohr angenehm ist!
    Geduldig-langsam bringt Dich schneller zum Ziel.

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Dann wirkst Du auch mit Maske und Abstand emotional packend - über Augen, Hände und Arme, Deinen ganzen Körpereinsatz, die Stimme und Deine innere und äußere Haltung, die sich durch alles durchzieht:
Du bist Gastgeber, der höflich und zuvorkommend orientiert, aber nicht bevormundet 
(auch wenn der Grat schmal ist, wie Du immer wieder anhand der Mimik Deines Gegenübers merken wirst).

So werden wir zu wahren Pantomimen,
zu echten Körpersprechern,
zu synchron "zeigenden" Botschaftern von dem,
was wir sprachlich senden.

smartphone rodion-kutsaev-0VGG7cqTwCo-unsplash-2.jpg

Übrigens: Üben mit dem Smartphone hilft! Selfies mit Mimik-Grimassen und dezenteren Ausdrücken, Kollegenvideos von geübten und echten Gesprächen, Sprachaufnahmen, um sich mit der eigenen Stimme anzufreunden und sie zu modulieren..., all das sind Einsatzfelder, die Dein Können stärken und Dich sicherer werden lassen.

Und die obendrein einen Heidenspaß machen!

Also: Viel Spaß!

Dirk W. Eilert: Mimikresonanz. Gefühle sehen. Menschen verstehen. Paderborn 2013
Isabella Herzig: Der Code der Mimik. Mehr sehen, besser kommunizieren. Aktuelles Online-Training der Friedrich-Naumann-Stiftung. 

Fotos:
Strahlender Mann im Newsletter: marie-michele-bouchard-iel2tNw4WLM-unsplash.jpg
Mädchem mit sozialem Lächeln zu Beginn:  lynne-baltzer-sLxe9F-gyYo-unsplash.jpg
Freude zum Abschluss: caju-gomes-QDq3YliZg48-unsplash.jpg
Smartphone:  rodion-kutsaev-0VGG7cqTwCo-unsplash-2.jpg
Alle weiteren mit dem Model Julia Thombansen: MUTmanagement GmbH

Über die Autorin

Ulla Thombansen
Senior Consultant

Ulla Thombansen ist Diplom-Volkswirtin Freiburger Schule und als ursprüngliche Gründerin von MUT spezialisiert auf:
- Organisationsentwicklung in aktuellem Rahmen
- Nachhaltige Festigung von Entwicklungen
- Hintergrund-Rechecherche rund um Servicemanagement und Führung im schnellen Wandel
- Systementwicklung in der Profigastronomie
- Qualitäts- und Hygienemanagement samt Dokumentationen

Im Blog MUTgestalten liefert sie vor allem Beiträge in der Kategorie Haltung.

Über sich selbst sagt sie:

Ich bin motiviert, wenn...
Programme für Kunden und Anwender passen und heterogene Gruppen zu gemeinsamen Zielen kommen. Und wenn ich komplexe Projekte erfolgreich mit den beteiligten Menschen steuern kann.

ut@mutmanagement.de