Von Christine Possler am 24. März 2017 in Handlung , Haltung

1. Ist Arbeit gut? 

„Neue Arbeit“ titelt brands eins in diesem Monat und greift mit dem Autor Volker Kitz die Arbeit 4.0 als Spießercode an: Sie verwechsle beharrlich Arbeitszweck und Lebenssinn. Menschen – so eine Untersuchung der Freien Universität Berlin zur Wirkung von Worten – mögen zwar den Begriff ARBEIT gerne, vor allem, „wenn sie eine haben.“ Nicht jedoch die Tätigkeit ARBEITEN, da deren Wirklichkeit einem Vergleich mit der Idealvorstellung nicht standhalte: „Sie enttäuscht uns, wir leiden.“

brand eins, Heft 03, März 2017, S. 32 ff.

Als Ursache macht Kitz in seiner Streitschrift „Feierabend!“ die Lügen aus, die über Arbeit im Umlauf seien, vor allem die „Sinnhuberei“. Sie „war immer schon ein Zeichen dafür, dass man etwas schönreden wollte.“ Die Lösung? „Arbeit nüchtern (zu) betrachten. Pragmatisch.“ Akzeptieren: Für normale Leute „ist Arbeit ein Mittel „zum Zweck, nicht ihr einziger Lebensinhalt.“ Damit ist PRAGMATISCH unser erstes Schlagwort.

Kitz, Volker: Feierabend! Warum man für seinen Job nicht brennen muss. Streitschrift für mehr Gelassenheit und Ehrlichkeit im Arbeitsleben Broschiert – 23. Februar 2017, Fischer-Verlag

Im Artikel „Bitte, sei nicht authentisch!“ schlägt Ursula Schütze-Kreikamp, Personalentwicklerin der Deutschen Bahn, mit Blick auf Führung in die gleiche Kerbe: „Nein, bitte nicht! Authentisch kann der Chef zu Hause sein, ich will einen Profi, der aufrichtig ist!“ Sie fordert statt dessen: „Wir brauchen Mut, ständig dazuzulernen, aber vor allem die Fähigkeit, achtsam und empathisch zu sein.“ Das schließe Phasen zur inneren Einkehr ein, so grenzt sie die neue Arbeitswirklichkeit vom Unruhemodus falsch verstandener Agilität ab. Dazu gehöre Mut, auch zu „Herzensbildung“, gerade in Zeiten der Digitalisierung. Unser Schlagwort? – PROFESSIONELL.

brand eins, Heft 03, März 2017, S. 88 ff.

2. Liefert Arbeit denn Sicherheit?

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Und doch wird Sinnvermittlung immer wieder als Rezept gegen vielfältig erlebte Unsicherheit und mangelhafte emotionale Bindung in der Arbeitsrealität verschrieben. Was sind das für Krankheits-Symptome? – Hier von a) bis g):

a)     
Auf Firmenübernahmen folgen Rationalisierungen, die auch den eigenen Arbeitsplatz treffen können. Bei Bekannten hat man das ja schon erlebt, die Einschläge kommen näher.
b)    

Automatisierung droht überall – solide Schätzungen gehen von 40 bis 60 Prozent gefährdeter Jobs in Industrie und Dienstleistung aus. Die CeBit überschüttet uns gerade mit solchen Nachrichten und präsentiert liebreizende Roboter, die mit ihren Kulleraugen Angst nehmen sollen.
c)    

Wissen entwickelt sich rasend schnell, womit der einzelne nicht mithalten kann, was seine Ausbildung und Erfahrung immer wertloser werden lässt. Das kratzt an persönlicher Wertigkeit, ja am eigenen Status.
d)    

Neue Arbeitsformen fordern Selbstverantwortung, Mitdenken, Agilität, Veränderungsfreude, Zusammenarbeit in wechselnden Teams, Kritikfähigkeit – alles Dinge, woran man jetzt gemessen wird, die man bisher nicht gelernt hat und die den sicheren Kokon in der Abteilungen zerstören.
e)    

Für andere gilt eher: Sie arbeiten angelernt in engen Standards und können von einem Job kaum mit ihren Familien leben. Geld ist ihr Dauerengpass, was sie und ihre Kinder von vielen Spaß-Erlebnissen in unserer Gesellschaft ausschließt. 
f)      

Arbeits- und Führungskultur widerspechen häufig der eigenen Bildung und Kommunikationskultur. Da fehlt AUFRICHTIGE AUGENHÖHE (unser Schlagwort 3), vor allem in Team- und Führungserlebnis sowie Wertschätzung für Persönlichkeit und Leistung. Das frustriert massiv.
g)   

Persönliche Lebensziele und Sinnvorstellungen kollidieren mit den Herausforderungen im Arbeitsleben: Work-Life-Balance. Und manch einer ist dem in seiner mentalen Kraft nicht mehr gewachsen: Burn-out.

Das alles klingt eher Sinn verzehrend. Das sind faktisch erlebte Unsicherheiten mit handfesten Ursachen, die spürbare Emotionen schaffen, auch und gerade in der Arbeit.

3. Bindet Arbeit emotional?

Und doch scheint emotionale Bindung an Arbeitsplatz und Arbeitgeber zu punkten. Das belegt wieder die Gallup-Studie 2016, die den Unternehmen erneut Hausaufgaben ins Heft schreibt. Mit „Hand, Herz und Verstand“ arbeiten weiterhin lediglich 15 Prozent. Emotional gering gebunden sind 70 Prozent. Die machen Dienst nach Vorschrift, erkennen Mängel und „Fehlentwicklungen – und schweigen“, was Unternehmen und Volkswirtschaft Milliarden kostet. Und doch halten sie bei aller Unzufriedenheit zunächst an ihrem Arbeitsplatz fest, denn Arbeit-Haben ist ja Wert an sich (siehe oben) und schafft die Mittel, den Lebenszweck zu leben. Allerdings steigt die Wechselbereitschaft: Ein Drittel sucht aktiv, wobei ihm die gute Konjunktur und der Arbeitsmarkt entgegen kommen.

http://www.gallup.de/183104/german-engagement-index.aspx

Auch zwei Berliner Hochschulen haben erforscht, dass sich Mitarbeiter vor allem durch eigene Interessen gebunden fühlen (Projekt www.mitcsr.de). Ihren Sinn prägen demnach Gehalt, Karrierechancen, Arbeitsklima, Handlungsspielräume und Arbeitsinhalte, auch wenn die gesellschaftliche Verantwortlichkeit als flankierende Bindemittel an Bedeutung gewinnt. Mitarbeiter urteilen pragmatischer, als frühere Untersuchungen Glauben machten.

Personalwirtschaft 10/16, S. 69 ff.

So auch Gallup: Die erlebte „Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben sowie persönlichem Wohlbefinden“ steht an Platz 2 der Mitarbeitererwartungen. Hier klaffen Wunsch und Wirklichkeit besonders stark auseinander, gefolgt von den Erwartungen „Hervorragende Führungskraft“ sowie „Bezahlung und Verdienstmöglichkeiten“.

4. Arbeit braucht Vertrauen!

Kommt da jetzt schon wieder eine gefühlsduselige Vision? – Nein, das glauben wir nicht. Denn es sind ja reell nicht erfüllte Wünsche und Versprechungen, die den Mythos ARBEIT über gegenteilige Erlebnisse in die Frustecke treiben. Diese tatsächlichen Erfahrungen sind PRAGMATISCH-PROFESSIONELL umkehrbar, wenn die Kultur AUFRICHTIG AUF AUGENHÖHE stimmt, und zwar PRAGMATISCH und PROFESSIONELL.

Zugegebenermaßen ist das nicht aus dem Handgelenk zu schütteln, sondern braucht konsequente Anstrengung und langen Atem, um sich in vier Stufen handwerklich gekonnt in neue Arbeitskultur emporzuschrauben (vor allem in Change-Wirklichkeiten durchaus mit dem einen oder anderen Rückfall und dann neuem Anlauf).

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 Die 4 Stufen:

  • Gemeinsame Basis schaffen: 
    Mitarbeiter orientieren über klare Standards: So viel wie nötig, um Arbeitsanforderungen im Alltag zu bewältigen, und so wenig wie möglich, um noch Freiräume für Eigenverantwortung und Gestaltung zu bieten.
  • Stärken, was funktioniert:
    Wissen, Kenntnisse und Können für erfolgreiche „Mit-Arbeiter der Zukunft“ in ein Verhalten übersetzen, das im Rahmen der Anforderungen funktioniert. Verantwortung und Befugnis klären. An vorhandene Kompetenzen anknüpfen, Sicherheit und Erfolgserlebnisse schaffen.
  • Kontinuierlich für den Alltag erkunden:
    Gewonnene Kompetenz mit glaubwürdiger Führungsunterstützung in die Praxis übertragen. Erkunden, welches Verhalten im Alltag auf welche Weise funktioniert, wie Lösungen aussehen und für welche Herausforderungen neue, übergeordnete Lösungen gebraucht werden.
  • In Strategie und Kultur verankern: 
    Neue Lösungen entwickeln, in die strategische Entwicklung aufnehmen und in den Alltag tragen – aufgebaut auf der optimistischen Grundhaltung: Der Mit-Arbeiter ist „mein Freund“. Wenn er das erlebt, genießt er Vertrauen!
Das schafft vertrauensvolle Schaffenskraft! 
In einer Kultur ohne Getue und ohne aufgesetzten Sinn. 
Aufrichtig-pragmatisch-professionell.

Mit Platz für Freude an der Arbeit. 
Für großartige Zusammenarbeit und Erfolge!

Lohnt doch, oder?

Über die Autorin

Christine Possler
Geschäftsführende Gesellschafterin

Christine Possler ist Diplom-Oecotrophologin, Solution Focused Coach, zertifizierter reteaming®-Coach und als
Beraterin, Trainerin & Coach mit diesen Schwerpunkten aktiv:
* Führungskräfteentwicklung
* Teamwirksamkeit
* Kundenorientierung und Kundenkommunikation…
und damit Kulturentwicklung im Unternehmen

Sie sagt über sich selbst:

Motiviert bin ich, wenn...
ich entdecke, wie Menschen zunehmend an sich glauben und mit Freude zu ihrer persönlichen Bestform gelangen!

cp@MUTmanagement.de